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Parodontologie

Definition und Entstehung

Die entzündliche Erkrankung des Zahnhalteapparates

(sog. Parodontitis oder Parodontopathie)

Die Krankheitsentstehung


Die entzündliche Erkrankung des Zahnhalteapparates, in der Um-gangssprache oftmals als "Parodontose" bezeichnet, ist das Ergebnis eines komplexen Wechselspiels zwischen schädigenden Keimen und körpereigenen Abwehrvorgängen.

Die Absiedelung dieser Keime wird begünstigt durch sichtbare weiche und harte Auflagerungen (Zahnbeläge, Verfärbungen, Zahnstein) oberhalb des Zahnfleischsaumes, die der Mundhygiene relativ gut zugänglich sind, aber auch durch Auflagerungen unterhalb des Zahnfleisches, die sich der täglichen Inspektion und Reinigung entziehen und daher besonders gefährlich sind.

Diese Beläge bilden die Lebensgrundlage für einige zum Teil sehr aggressiven Mikroorganismen unter denen die 5 Hauptkeime Actinobacillus actinomycetemcomitans, Porphyromonas gingivalis, Prevotella intermedia, Bacteroides forsythus und Treponema denticola sind.

Diese Bakterien lösen eine Abwehrreaktion des Körpers aus, die in aufeinander abfolgenden Schritten abläuft und an deren Ende Stoffwechselprodukte entstehen, die sich nicht nur gegen die körperfremden Bakterien richten, sondern auch gegen körpereigene wichtige Bestandteile des Zahnhalteapparates. Dies sind insbesondere Bindegewebefasern, die den Zahn im Knochenfach verankern und der Zement der Zahnwurzel. Durch die allmähliche "Tiefenwanderung" des Entzündungsprozesses kommt es zunächst zu einem "Zurückweichen" des Zahnfleisches und später des umgebenden Knochenfaches. Dieser Abbau des zahntragenden Knochens kann sich in unterschiedlicher Geschwindigkeit und Verlaufsform vollziehen. Durch die beschriebenen permanenten oder wiederkehrenden Entzündungen in den Taschen kommt es im weiteren Verlauf zu Zahnlockerungen und im fortgeschrittenen Stadium zum Zahnverlust.

Zahnfleischtaschen mit einer Tiefe von über 3,5 mm sind der eigenen Reinigung und Hygiene nicht mehr zugänglich und bedürfen der Behandlung. Eine Selbstheilung ist ab dieser Taschentiefe im Regelfall nicht mehr möglich.

Rahmenbedingungen und Behandlungsziel

Die Therapie zielt zunächst auf die Ausschaltung der entzündungsfördernden Reize. Dies geschieht in erster Linie durch Optimierung der Mundhygiene und Beseitigung mechanischer Reize wie abstehender Füllungs- und Kronenränder oder kariöse Läsionen.

Die Erfolgsaussicht der Behandlung und der weitere Verlauf der Erkrankung wird durch mehrere Faktoren bestimmt:

  • Mitwirkung während und nach der Behandlung und Optimierung der Mundhygienetechniken,
  • Ausschalten von Risikofaktoren wie z.B. Rauchen,
  • Gute Einstellung des Blutzuckers bei Diabetes mellitus (Typ I und II),

aber auch durch schwer oder nicht beeinflussbare Faktoren wie

  • Autoimmunerkrankungen, bei denen sich die Körperabwehr gegen das eigene BGW wendet
  • Behandlung mit immunsuppressiven Medikamenten z.B. nach Transplantation und
  • ausgeprägte Formen der Osteoporose.

Das primäre Ziel der Parodontalbehandlung besteht in der Elimination sämtlicher Reize und in einem Stillstand der Taschenbildung. Bei der regenerativen Parodontitis-Therapie können darüber hinaus Strukturen wie Knochen und Bindegewebe wieder aufgebaut werden.

Aufgrund der Komplexität bestehend aus persönlicher Situation (Zustand der Zähne, Umfang des bereits vorhandenen Knochenabbaus, Art des Zahnersatzwunsches, Genussgewohnheiten, etc.) und der Vielzahl an möglichen weiteren äußeren Faktoren kann nur ein eingehendes ärztliches Beratungsgespräch das medizinisch Machbare und Sinnvolle mit ihren Behandlungsvorstellungen zu dem gewünschten Behandlungsziel verknüpfen.

Therapeutische Maßnahmen

Die Therapie gliedert sich in die Vorbehandlungsphase mit ausschließlich Maßnahmen oberhalb des Zahnfleisches wie

  • Professionelle Zahnreinigung (PZR) bestehend aus zwei Vorbehandlungsterminen
    mit Demonstration von Putztechniken und Hilfsmittel (mechanische und elektrische Bürsten, Zahnseide, Zahnpasten, Mundspüllösungen, etc.) zur Verbesserung der Reinigung der Problemzonen, Instruktion zur häuslichen Fluoridierung, Ernährungsberatung, Entfernung von Belägen und Verfärbungen auf den Zähnen und der erreichbaren Wurzeloberflächen mechanisch und mit Pulverstrahltechnik, Politur der Zahnhartsubstanz zur Herabsetzung der Anfälligkeit gegen erneute Belagbildung und die Zahnfluoridierung,
  • falls erforderlich eine chirurgische Vorbehandlung mit Entfernung von nicht erhaltungsfähigen oder retinierten und verlagerten Zähnen,
  • Entfernung oder Korrektur von störenden Schleimhautbändern oder zu hoch/ zu tief ansetzender Weichteile,falls erforderlich müssen noch umschriebene Vorbehandlungsmaßnahmen durch ihren Hauszahnarzt erfolgen.

und die operative Phase.

In dieser Phase werden die fest haftenden harten Beläge unterhalb des Zahnfleisches sowie das umgebende Entzündungsgewebe entfernt und die Wurzeloberflächen geglättet.

Hierzu stehen das geschlossene Verfahren und das offene Verfahren zur Verfügung.
Die Anwendung des Verfahrens hängt sowohl von der Tiefe als auch von der Lokalisation der Taschen ab. Beim geschlossenen Vorgehen wird mit Spezialinstrumenten direkt in der Tasche gearbeitet. Bei ausgeprägten Tiefe (über 5,5 mm) oder schwer zugänglichen Taschen ist das Vorgehen unter Sicht im Rahmen eines kleinen operativen Eingriffes bei uns das Vorgehen der Wahl. Im Rahmen der Wundheilung erfolgt das narbige „Aufschrumpfen" der Weichgewebe auf die Hartgewebeunterlage (Knochen).

Durch das Erzielen der Entzündungsfreiheit des Zahnfleisches verliert das Zahnfleisch an Gewebeflüssigkeit und wird fester (schrumpft). Dies ist der gewünschte therapeutische Effekt mit dem Nachteil, dass dadurch die Zähne optisch länger werden können. Der Nachteil kann sowohl funktionell durch erhöhte Zahnhalsempfindlichkeit als auch ästhetisch vor allem im Frontzahnbereich sein.

Die Erhaltungsfähigkeit von Zähnen muss erheblich in Frage gestellt werden bei

  • Knochenverlust von mehr als 75% der Wurzellänge,
  • Lockerung III. Grades (Auslenkung mehr als 2 mm horizontal oder vertikale Auslenkung) und
  • Durchgängigkeit mit einer Sonde zwischen den Wurzeln bei mehrwurzligen Zähnen.

Werden die ehemaligen Knochentaschen mit Weichgewebe ausgefüllt, so ist dies weder geeignet den Zahn in besonderer Weise zu stabilisieren, noch die durch den Knochenverlust im sichtbaren Frontzahnbereich bedingten ästhetischen Einschränkungen zu kompensieren. Die weichgewebige Abheilung stellt also -insbesondere bei ausgedehnten Defekten- sowohl aus funktioneller als auch aus kosmetischer Sicht einen minderwertigen Ersatz für die verlorengegangenen knöchernen Strukturen dar.

Verschiedene Ansätze sind daher in der modernen Medizin entwickelt worden, um verlorengegangene Knochenstrukturen zu ersetzen oder die Knochenregeneration in den Bereichen dieses Knochendefizites anzuregen.

Plastische Parodontalchirurgie

Nach erfolgreich durchgeführter Parodontalbehandlung können trotz Entzündungsfreiheit weiterhin Probleme bestehen wie z.B. lange freiliegende Zahnhälse und tiefe Knochentaschen.
Zur Deckung der freiliegenden Zahnhälse stehen mehrere operative Techniken zur Verfügung:

  1. Rezessionsdeckung mit freiem Bindegewebstransplantat
  2. koronarer Verschiebelappen
  3. freies Gingivatransplantat

Rezessionsdeckung mit freiem Bindegewebstransplantat

Das Bindegewebstransplantat wird am Gaumen entnommen und nach Verschluß der Entnahmestelle an das Empfängerbett transplantiert. Das Transplantat kommt hiebei in der zuvor präparierten Tasche sicher zu liegen und wird von beiden Seiten- der Knochenhaut und der aufliegenden Schleimhaut per Diffusion ernährt. Die Entnahmestelle kann ggf. mit einer Schutzplatte abgedeckt werden.

Koronarer Verschiebelappen

Diese Operationstechnik eignet sich für isolierte als auch multiple parodontale Rezessionen. Hierbei wird ein teilschichtiger Mukosalappen gebildet der zum Zahn hin verschoben wird und mit feinsten Nähten fixiert wird.

Freies Gingivatransplantat

Bei freien Gingivatransplantaten wird des Epithel der Gaumenschleimhaut mittransplantiert. Dieses Transplantat wird an der Empfängerstelle nicht abgedeckt und wird nur von 1 Seite per Diffusion ernährt. Die therapeutische Relevanz des freien Gingivatransplantats liegt weniger in der Deckung von parodontalen Rezessionen als in der Verbreiterung der befestigten Gingiva vor allem in der Implantologie. Die Entnahmestelle heilt in der Regel sekundär zu und wird mit einer Verbandsplatte abgedeckt.

Nachsorgeprogramm

Für den mittel- und langfristigen Erfolg ist die regelmäßig Teilnahme an einem Nachsorgeprogramm entscheidend.

Dies beinhaltet vorrangig die Professionelle Zahnreinigung und die zahnärztliche Nachsorge.

professionellen Zahnreinigung (PZR)

erstmalig 3 Monate nach Abschluss der operativen Phase mit essentiellen Elementen aus der Vorbe-handlungsphase (Kontrolle und Korrektur von Putztechniken und Hilfsmittel (mechanische und elektrische Bürsten, Zahnseide, Zahnpasten, Mundspüllösungen, etc.) für die bekannten Problemzonen, Instruktion zur häuslichen Fluoridierung, Ernährungsberatung, Entfernung von Belägen und Verfärbungen auf den Zähnen und der erreichbaren Wurzeloberflächen mechanisch und mit Pulverstrahltechnik, Politur der Zahnhartsubstanz zur Herabsetzung der Anfälligkeit gegen erneute Belagbildung und die Zahnfluoridierung) im 3-4 monatigen Intervall und die

zahnärztliche Nachsorge

erstmalig 3 Monate nach Abschluss der operativen Maßnahmen mit klini-scher Kontrolle aller Zähne. Sollten sich bereits in dieser Frühphase noch bestehende Taschen zeigen kann ggf. eine bakteriologische Kontrolle (DNA-Sondentest) oder sonstige weiterführende Test angezeigt sein. Auf jeden Fall werden sie dann eingehend von uns beraten.